Korfu – Eine Insel für Genießer

Korfu – Eine Insel für Genießer

Kreuzfahrer sind auf Korfu höchst willkommen. Ihre mondänen Schiffe laufen mehrmals täglich den Hafen von Kerkyra an. Ihre Passagiere lindern die Umsatzrückgänge der Wirte und Händler zumindest in der Inselmetropole und die der Busunternehmer. Die Grundlagen für die Attraktivität der Insel und ihrer Hauptstadt haben andere, damals höchst unwillkommene Kreuzfahrer vor 800 Jahren geschaffen: die Venezianer. Sie begründeten die einzigartige Inselarchitektur und ließen die zahllosen Ölbäume pflanzen, die weite Teile der Insel wie verwunschene Olivenurwälder bedecken.


Die ganze Schönheit der Insel bleibt den seereisenden Kurzbesuchern aber verborgen. Dem, der tagelang – im wahrsten Sinne des Wortes – über Korfu kurvt, wird sie zur Droge. Die Fahrt über Korfu gleicht einer äußerst bewegten Seereise, denn ständig geht es wie im Sturm auf und ab. Hinter den meisten Kurven, auf jedem Hügelkamm eröffnet sich ein neues Panorama, das die Sinne verwirrt und nach gründlicher Orientierung verlangt: Ist das, was man gegenüber sieht, nun griechisches oder albanisches Festland, oder ist es vielleicht doch nur ein wieder anderer Teil von Korfu? Inselchen setzen Akzente: das grüne Vido gleich vor der Stadt, die Diapontischen Inseln im Nordwesten, Paxi im Süden.
Und nach fast jedem Aussichtspunkt taucht das gewundene Sträßlein wieder ins dunkle Dicht der Olivenbaumurwälder ein, in denen die modern gewordenen farbigen Netze fröhliche Tupfer setzen. Die Ölbäume sind anders als anderswo, wachsen hoch in den Himmel hinein, haben unzählige Löcher in den Stämmen, die nicht selten den Durchblick gewähren. Wo sie Hänge bedecken, sind die Olivenwälder mit schlank über ihr silbrig schimmerndes Grün hinausragende Zypressen durchsetzt, die wie verspielte Elemente inmitten all der nützlichen Bäume wirken, die den Venezianern vor allem Öl für die Beleuchtung der Serenissima lieferten, dazu Speiseöl und den Ausgangsstoff für die Seifenproduktion.

Korfu von oben

Korfu muss man von oben sehen. Gelegenheiten dafür gibt es genug. Kaiser Wilhelm II., vor dem Ersten Weltkrieg häufiger Frühjahrsgast mit eigenem Schloss auf der Insel, bevorzugte einen Fels auf dem Hügel bei Pelekas, den man heute noch „Kaizer’s Throne“ nennt. Heute steht gleich daneben das kleine „Hotel Levant“, ein Hort für Individualisten mit Pool und Bibliothek. Auf seiner Terrasse werden zum Sonnenuntergang auch korfiotische Spezialitäten wie „Nouboulo“, eine Art luftgetrocknetes Schweinefilet, und die winzigen, typisch korfiotischen Koum Kouat als Löffelsüßigkeit serviert. 
Der Aussichtspunkt schlechthin ist natürlich der höchste Inselgipfel. 906 Meter hoch ragt der Pantokratoras im Inselnorden auf – und auch auf ihn führt eine Straße hinauf. Die ganze Insel liegt dem Gipfelstürmer zu Füßen. Erikoussa, Mathraki und Othoni weisen als letzte griechische Inselzwerge den Weg nach Italien und machen Lust auf Bootsausflüge dorthin von Agios Stefanos aus. Weit reicht der Blick in den albanischen Nationalpark von Butrint hinein, wo Archäologen noch immer damit beschäftigt sind, die Reste einer teilweise schon hervorragend restaurierten antiken Stadt freizulegen. Tagesausflüge von Korfu-Stadt aus führen auch dorthin.
In der Stadt Kerkyra selbst herrscht auch kein Mangel an Aussichtspunkten. Die auf der Alten und der Neuen Festung, beide Werke der Venezianer, lohnt es, bei Tag zu besteigen. Zum Sundowner lädt dann die Dachterrasse des „Hotel Cavalieri“ direkt über den alten Ziegeldächern der Altstadt ein. Diese Ziegeldächer sind auf Korfu omnipräsent. Flachdächer aus Beton oder moderne Hochglanz-Ziegel aus der Industrieproduktion haben gegen sie keine Chance. Die alten Dachziegel tragen wesentlich zur architektonischen Geschlossenheit und zum harmonischen Gesamtbild der Insel bei.

Traditionen werden auf Korfu ohnehin hoch geschätzt. Man pflegt seine Eigenheiten. Anders als im übrigen Hellas sind Gottesdienste ohne Musik kaum vorstellbar. In Ermangelung eines eigenen Chors und einer eigenen Orgel wird gern italienisch anmutende Kirchenmusik aus der Konserve eingespielt. Anders als sonst in Griechenland hängt hier auch häufig die Wäsche zum Trocknen an Leinen über den Gassen. Und auch auf der Speisekarte sind allerlei regionale Spezialitäten zu finden. Als Limonade erlebt gerade das Tzizimbirra sein Come Back, das die Briten als alkoholfreies „Ginger Beer“ auf der Insel einführten. Im Mai wird es aus frischem Zitronensaft mit etwas Ingwer, Wasser und Zucker ohne jedwede Zusatzstoffe gemischt und bleibt nur drei Monate haltbar. Eine Brauerei in Arillas im Nordwesten braut seit einigen Jahren mit dem „Royal Ionian“ ein eigenes Inselbier, das mittlerweile fünf Varietäten inklusive Weizen und Real Ale zu bieten hat. Die von den Briten eingeführten Bitterzwergorangen Koum Kouat schmecken nicht nur frisch, sondern auch als Geleefrüchte, Marmelade, Loukoum und Likör; sogar ein Eau de Toilette wird schon mit Koum Kouat-Note produziert. Sofrito, ein Rinderschmorbraten in Weißweinsauce, und Pastitsada, Hahn auf Nudeln, sind auf fast jeder Speisekarte zu finden. Mit dem korfiotischen Bourdetto hat die Insel der Marseiller Bouillabaisse Ebenbürtiges entgegen zu setzen. Der Fisch dafür kommt aus den umliegenden Gewässern, in denen von Petriti aus sogar eine hochprofessionelle Trawlerflotte mit griechischen Kapitänen und ägyptischer Crew auf Fangfahrt geht.
Dieses Bourdetto ist fast immer nur auf Vorbestellung erhältlich. In der Taverne „Alonaki“ im Norden des Brackwassersees Chalikounas wird es direkt überm kleinen Hafen täglich auch ohne Anmeldung serviert. Dort gibt es auch zwei rare Spezialitäten direkt aus dem See, der durch einen schmalen Kanal mit dem offenem Ionischen Meer verbunden ist: Winzige Krabben, noch kleiner als die von der Insel Symi oder norddeutscher Granat, und den Brackwasserfisch Kefalopsari.

Die Garteninsel

Serviert wird all das in einem verwunschen wirkenden Garten, in dem ein Beo für Unterhaltung sorgt. Gärten und Parks sind ohnehin eine Leidenschaft der Korfioten. Oft liegen sie direkt am Meer. Am kleinen Park des Stadtschlosses ziehen zum Greifen nah die Fähren hinüber zum Festland vorbei. Im großen, fast 200 Jahre alten Park des Schlösschens Mon Repos, in dem 1921 der englische Prinzgemahl Philip das Licht der Welt erblickte, sind die Ruinen eines antiken dorischen Tempels romantisch versteckt, im Park des Schlosses Achilleion lustwandelten schon die österreichische Kaiserin Sisi und Preußens Wilhelm II. Kleine Paradiesgärten sind aber auch das Werk junger Gastronomen. Im „Lemon Garden“ in Acharavi im Inselnorden sitzen die Gäste und spielen die Kinder in einem üppigen Zitronenhain. Und im Hanggarten der Taverne Panorama am Notos Beach im Inselsüden reichen Bananenstauden und Bougainvilleen, weiß blühende Yuccas, Rosenstöcke, Hibiskus und Geranien bis ans Wasser hinunter. Jetzt wird ein Göttergarten daraus: Der kürzlich aus Nordamerika zurückgekehrte Schwager des Wirts hat seine Liebe zur Bildhauerei entdeckt und formt einen Olympier nach dem anderen für dieses kleine korfiotische Paradies.

 

Quelle: Griechenland.de

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