Arkadien am Meer - Hohe Berge, schöne Strände und Griechisch einmal anders

Arkadien am Meer - Hohe Berge, schöne Strände und Griechisch einmal anders

Arkadien gilt seit altersher als Land der Hirten und Herden. Weite Ebenen und unendlich viele Hügel gelten als Markenzeichen der historischen Landschaft. Doch Arkadien grenzt auch ans Meer. Seine Küste zwischen Astros und Leonidio gehört zu den unbekanntesten Urlaubsregionen Griechenlands.

Mit nur 16 Einwohnern pro Quadratkilometer gehört die Kynouria zu den 25 am dünnsten besiedelten Gegenden des ganzen Landes. Also trinken wir schnell noch einen gepflegten Espresso Freddo im trendigen Café am kleinen Flusshafen von Neos Kios. Da hängen noch die Waagen der Fischer vor ihren Booten, denn jeder verkauft seine Fänge gleich persönlich auf dem Kai. Von der anderen Seite des Argolischen Golfes grüßen Bourtzi, Palamidi und Akronafplio, die drei Burgen des schönen Städtchens Nafplio herüber.
Auf geht’s. Vorbei an Lerna, wo einst Herakles mit der vielköpfigen Schlange kämpfte, nach Kiveri, dem letzten Ort der Argolis. Hier wird leider nicht gekämpft, können die modernen Griechen nicht über ihren Schatten springen. Während der Junta-Zeit gelang es hier dank des Erfindungsreichtums und Engagements eines deutschen Ingenieurs, unterseeische Süßwasserquellen zur Bewässerung weiter Teile der Argolis zu erschließen. Jetzt ist die Anlage dringend sanierungsbedürftig, doch als Relikt der Militärdiktatur will sich niemand für sie engagieren. Fällt sie völlig aus, droht die Argolis nach Meinung vieler Mandarinenbauern zu versteppen …

Extrem dünn besiedelt
Gleich hinter Kiveri beginnt die Kynouria. In der Antike war sie stets zwischen der Argolis und dem spartanischen Lakonien umstritten. Zu Arkadien gehört sie erst seit dem 19. Jahrhundert. Die Kallikratis-Verwaltungsreform von 2011 hat ihr als zwei Demen (dimoi) ihren Fortbestand gesichert. Astros ist heute Hauptort der Nördlichen Kynouria, von Leonidio aus wird die Südliche Kynouria verwaltet. Die ist noch dünner besiedelt als die Gesamtregion. Nur 14 Einwohner leben hier auf dem Quadratkilometer.
Nach ein paar Kurven und Kilometern auf der Küstenstraße, die an die ligurische Riviera denken lässt, kommt eine weite Küstenebene in Sicht. Direkt am Meer ragt aus ihr ein kleiner Hügel auf, den eine erst 1825 auf Kosten dreier griechischer Kaufleute errichtete Burg bekrönt. Man kann den Hügel an klaren Tagen schon von Nafplio aus sehen – da wirkt er wie ein Inselchen vor der Küste. Und in der Tat war dieser Hügel lange ein Eiland. Jetzt hat sich auf ihm und um ihn herum ein kleiner Badeort entwickelt mit Strand direkt vor der Platia, auf dem man sogar sein Auto parken darf. Das gefällt vielen Hellenen.
Aus ihren Schulbüchern wissen sie, dass Astros im Freiheitskampf gegen die Osmanen bedeutend war. Hier tagte im Frühjahr 1823 die zweite griechische Nationalversammlung im Garten eines alten Herrenhauses. Das ist heute ein schon seit Längerem geschlossenes Archäologisches Museum. Darin wären auch Funde aus dem nahen Eva an der gerade neu ausgebauten Fernstraße nach Tripolis zu sehen. Dort haben österreichische und griechische Archäologen einen prunkvollen Sommerpalast des Athener Mäzens Herodes Atticus aus dem 2. Jahrhundert freigelegt. Er wird zurzeit mit EU-Förderung überdacht und ist deswegen nicht zu betreten. Spolien aus dem Palast sind im unmittelbar gegenüber stehenden Nonnenkloster Loukous verbaut, eine kopflose römische Statue steht dort in einer Arkadennische am blumenreichen Innenhof. Da servieren die gastfreundlichen Nonnen dem Besucher auch gern einen Kafedaki, falls sie Zeit dafür haben.

Die Bergwelt der Kynouria
Von Astros aus bietet sich ein Ausflug in die Bergdörfer der Kynouria an, die sich an den Hängen des 1934 Meter hohen Parnon-Gebirges zwischen Tannen- und Kastanienwäldern ausbreiten. Agios Petros ist eins der größten von ihnen. An der Straße dorthin ist das Nonnenkloster Malevas ein landesweit beliebtes Pilgerziel. Seit 1964 sondert dort eine angeblich vom Evangelisten Lukas gemalte Marienikone eine harzartige, ungemein wohl duftende Substanz ab, die einer Vision der Nonnen zufolge direkt aus dem Paradies stammt. Die Pilger dürfen ihren Duft einatmen. Agios Petros selbst ist hingegen kein Paradies mehr. Wie die meisten Bergdörfer auf der Peloponnes leidet es schon lange unter Landflucht und hofft im Überangebot der Winterwochenendziele vergeblich auf eine Zukunft als Touristendestination. Regionale Produkte kann man kaum besser einkaufen als hier – von Nudeln aus kleinen Manufakturen bis zu Feigen im Schokoladenmantel, vom Kastanienlikör bis zu eingelegten Kapernzweigen. 
Auf der anderen Seite des höchsten Gipfels des Parnon, den man von der EOS-Hütte (EOS=Griechischer Bergsteigerverein) auf 1420 Metern Höhe aus auf markierten Wegen in etwa vier Stunden besteigen kann, liegt das Dorf Kastanitsa. Im Herbst ist das Sträßlein dorthin mit einem Kastanien-Teppich bedeckt. Von hier führt die Straße lange oberhalb einer tiefen Schlucht entlang, an deren Hängen vom Spätsommer an die Heide blüht. Bei Agios Andreas ist dann nach etwa 85 Kilometer Bergrundfahrt wieder die Küstenstraße erreicht. Da speisen zwei Flüsse und mehrere Quellen das Feuchtgebiet Moustos mit Süßwasser. Das dichte Röhricht hier macht das Biotop zum Vogelparadies. Jäger rächen sich manchmal fürs hier geltende Jagdverbot damit, Röhricht abzufackeln.

Unterhalb der Küstenstraße liegen nun mehrfach kleine Kiesstrände, die außer im August meist menschenleer sind. Dann kommt Paralia Tyrou in Sicht: ein langgestreckter, recht junger Badeort zwischen National- und Uferstraße, herrlich ungeordnet und altmodisch griechisch. Von der Terrasse vieler Fremdenzimmer aus kann man den Verkehr auf der Paralia bestens beobachten, der Strand davor lädt bestenfalls zur schnellen Abkühlung ein. Aber es gibt viele Cafés und Tavernen – und für schönere Strandstunden gleich nebenan den hellen Kieselsteinstrand Tigani sowie 30 Gehminuten entfernt den hellen Myloi Beach fernab allen Verkehrs zwischen Grün und Blau. Ausländer wohnen ohnehin lieber im Bergdorf Sapounakaiika, einen Kilometer oberhalb der Küste mitten im Grünen. Da finden sie die gewünschte Ruhe und Lauschigkeit, sind trotzdem den Stränden und dem echt griechischen Urlaubstreiben ganz nah.
Kurz vor Leonidio wendet sich die Nationalstraße landeinwärts. Schon in Sapounakaiika fielen zweisprachige Schilder auf: Ein Kurzlehrgang für Griechen im Tsakonischen, der alten Sprache dieser Region. Da fragt man nach der Herkunft des Fremden z. B. nicht mit „apo pou eísai?“, sondern „ápo kiá ési?“ Wahrscheinlich handelt es sich beim Tsakonischen um das Relikt eines antiken dorischen Dialekts. 3000 Menschen sollen es noch beherrschen.
Leonidio fasziniert vor allem durch seine Lage. Die Gärten der alten, meist zweigeschossigen Häuser sind von hohen Mauern umgeben. Dahinter bilden rote, nackte Felswände ein steiles Halbrund. Sie begleiten weite Teile der Dafnon-Schlucht, die sich von hier ins Parnon-Gebirge hineinzieht. An und unter einer der Wände klebt das Nonnenkloster Elonis; danach beginnen bald wieder Kastanienwälder. Sie haben Kosmas, dem letzten Dorf in der Kynouria auf dem Weg nach Lakonien, bis in die 1950er Jahre Wohlstand beschert. Die hier gefertigten Webkämme waren landesweit begehrt. Heute sucht man sein Heil im Tourismus – doch zumindest werktags stehen fast all die schicken Pensionen und guten Tavernen leer. Und das, obwohl man selbst hier einen Freddo Espresso serviert bekommt.

 
Quelle: Griechenland.de

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