Jubiläumsparaden zur Schlacht von Navarino
Gute Idee, mal wieder nach Pylos! Endlich auch einmal die große Parade sehen, die hier zu einem alljährlichen Spektakel wird! Denn am 20. Oktober jährte sich in diesem romantischen Hafenstädtchen auf der Peloponnes die Schlacht von Navarino.
Der jahrelange Aufstand gegen die Osmanen trug 1827 endlich Früchte, Obwohl keine Griechen mitkämpften, erlangte Griechenland seine Unabhängigkeit.
Wir erinnerten uns: Die Alliierten, bestehend aus Franzosen, Briten und Russen schlugen mit nur 27 Schiffen die von den Ägyptern unterstützten Türken mit ihren 65 Schiffen. Und das in einer mit Kanonen bestückten Bucht mitten in Feindesland!
Also auf zum großen Fest, zumal man vorher noch die unter venezianischer Herrschaft entstandene Festung und das dazugehörige Museum besichtigen konnte. Kaum angekommen, leiteten uns wegen des erwarteten Ansturms freundliche Polizisten auf eine Umgehungsstraße um, die ihrerseits von ortskundigen Griechen auch gleich umgangen wurde. Der große Platz direkt am Hafen mit seinen unzähligen Cafés und riesigen Schatten spendenden Platanen war in der Mitte bereits mit Seilen abgesichert. Ehepaare hatten sich „in Schale geworfen“: über die Schulter gehängte Jacketts, extrem hochhackige Absätze, festlich heraus geputzte Kinder, große Stapel von Plastikstühlen für die Zuschauer. Die obligatorischen Luftballonverkäufer fehlten ebenso wenig, wie emsige Kellner, die auf das anschließende Mittagsgeschäft warteten.
Unsere Enkelin, die mit ihren zwei Jahren natürlich überhaupt nicht wusste, was hier eigentlich passieren sollte, ignorierte den festlichen Trubel juchzend auf einer für 50 Cent sich drehenden Eisenbahn, die außer dem typischen Getute zudem noch Kinderlieder ausstieß (In Koroni kostete die gleiche Lok das Doppelte!)
Schließlich marschierten ganz in weiß uniformierte Soldaten der griechischen Seestreitkräfte in mehr oder weniger gleichem Rhythmus auf den freien Platz, um sich sogleich in den einzigen verfügbaren Schatten zu stellen. Gefolgt von Schülergruppen aus Pylos, Soldaten des griechischen Heeres und einer russischen Delegation, die nun alle in der mittäglichen Herbstsonne braten durften.
Ein älterer Herr, vielleicht der Bürgermeister, kündigte nun mit kratzig-brüchiger Stimme das jeweils Kommende an: Reden wurden gehalten, Kinder trugen patriotische Gedichte vor, die obligatorische Marschmusik und die französisch-englisch-russisch-griechischen Nationalhymnen erklangen, die die jeweiligen Touristen zum Aufstehen zwangen.
Inzwischen hatte sich der gesamte Platz gefüllt. Eltern klatschen und winkten stolz ihren Kindern zu, besonders als dann auch noch der ganze Tross, erweitert um weitere Blaskapellen, Kinder und ältere Damen in wirklich hübschen Trachten an den Zuschauermassen vorbei defilierten.
Unsere Enkelin, die ich überzeugt hatte, dass im Moment einmal Bahn fahren reichen müsste, war nun ebenso angetan von dem, was hier geschah, wie ihre Eltern und Großeltern.
Als dann aber auch noch die russische Delegation vorbeimarschierte – ich hatte einen neben mir stehenden Griechen vorsichtshalber nach ihrer Herkunft befragt, worauf er antwortete, dass man das doch merken würde, weil die im Marschieren mehr auf Zack seien als die eigenen Landsleute, bei denen das eher wie Volkstanz aussehen würde – und die Blaskappellen sich gegenseitig zu überbieten schienen, signalisierte die Zweijährige in einem immerhin schon Vierwortsat:: „Das zu laut eben!“
Zum Glück war dieser Teil der Veranstaltung eh vorüber, sodass wir nun zur Besichtigung eines griechischen und eines russischen vor Anker liegenden Kriegschiffes übergehen konnten, Gedanken an Pazifismus hinter uns lassend, schließlich wollte das Kind ja „da auch hoch“…
Leider war nach einem leckeren Mahl mit Meeresblick (Moussaka, Tirokafteri, Kalamarakia usw.) Schlafenszeit für die Kleine angebrochen, so dass wir nach Hause ins 37 Kilometer entfernte Longá aufbrechen mussten.
Während das Kind bereits auf der Autofahrt einschlief und wohl von dem viel größeren russischen Schiff träumte, reifte in uns allen der Gedanke, dass wir im kommenden Jahr wiederkommen, um auch die Veranstaltungen am Nachmittag mit Tanz und anderen Darbietungen zu besuchen. Vielleicht sehen wir dann auch eines der versenkten Schiffe von 1827, die man angeblich bei schönem Wetter noch auf dem Grund liegen sehen kann. Und hoffentlich kostet die Eisenbahn dann noch immer nur 50 Cent!