Zukunft des Nationalen Rundfunkrates noch immer in der Schwebe
In Athen sind Politiker noch immer auf der Suche nach einem Konsens, um den Nationalen Rundfunkrat neu besetzen zu können. Dieser ist für die Vergabe von TV-Lizenzen verantwortlich. Nun wurde sogar ein Konservativer von der linken Regierungspartei SYRIZA vorgeschlagen. Doch auch das brachte keinen Erfolg.
Laut Verfassung müsste der Griechische Nationale Rundfunkrat (ESR) Ordnung in die Landschaft der privaten Fernsehanbieter bringen. Doch im Parlament kann man sich noch immer nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten für den Vorsitz dieses Gremiums einigen; notwendig ist eine Vier-Fünftel-Mehrheit.
Am Samstag hatte die Regierung – bestehend aus dem Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) und der rechtspopulistischen ANEL – sogar den ehemaligen Minister für Öffentliche Ordnung Vyron Polydoras für diesen Posten vorgeschlagen. Allerdings: Der Mann wurde von allen Parteien abgelehnt.
Polydoras war ursprünglich Mitglied der größten Oppositionspartei des Landes, der konservativen Nea Dimokratia (ND). Im Dezember 2013 wurde er ausgeschlossen, weil er sich geweigert hatte, im Parlament für die Immobiliensteuer ENFIA zu stimmen. Damals war die ND noch in der Regierungsverantwortung unter Ministerpräsident Antonis Samaras.
Als einen Freund von SYRIZA oder gar links orientierten Politikern kann man Polydoras allerdings ganz sicher nicht bezeichnen. Die Demokratische Allianz, in der heute die sozialistische PASOK tonangebende Kraft ist, erinnerte daran, dass der Konservative sogar eine politische Zusammenarbeit mit der faschistischen Chryssi Avgi vorgeschlagen hatte. In die Kritik war der einstige Minister für Öffentliche Ordnung (2006 bis 2007) auch deshalb gekommen, weil er in dieser Funktion Übergriffe in griechischen Polizeistationen geduldet bzw. interne Untersuchungen gegen verantwortliche Beamte unter den Tisch gekehrt hatte. An derartige Vorfälle erinnert u. a. die linke Zeitung „Efimerida ton Syntakton“ in ihrer heutigen Ausgabe. Auch heftige verbale Ausfälle gegenüber Flüchtlingen werden ihm vorgeworfen.
Auf der Suche nach einem geeigneten ESR-Vorsitzenden wollen sich die Parlamentspräsidenten heute Abend beraten. Die Entscheidung ist vor allem deshalb so schwierig, weil sich Opposition und Regierung gegenseitig vorwerfen, die Medien in Griechenland beeinflussen zu wollen.
Privatsender gibt es in Griechenland seit 1989. Damals wurden ihnen provisorische Lizenzen erteilt. Seither hat sich in diesem Bereich nichts geändert. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise empfindet es die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras (SYRIZA) für wichtig, dass auch diese Medienbranche einen größeren Anteil an den Fiskus abgeben muss.
Anfang September hatte die Regierung nach einer fast dreitägigen Auktion vier TV-Lizenzen vergeben. Die Einnahmen in Höhe von 246 Millionen Euro sollten für die Unterstützung sozial schwacher Schichten, für Kindergärten und Krankenhäuser eingesetzt werden. Das diesbezügliche Gesetz wurde in der vorigen Woche vom Staatsrat als verfassungswidrigeingestuft.